Die zweite Amtszeit der Kanzlerschaft Merkel ist von der Neubewertung alter Dogmen der regierenden Parteien bestimmt. Nach dem Atomausstieg und dem Tabu eines Mindestlohnes steht nun auch das auf Hauptschule, Realschule und Gymnasium gegliederte Schulsystem auf dem Prüfstand. Eine Forderung der Abschaffung der Hauptschule, die von linken Parteien schon seit Jahren bekräftigt, aber von den Konservativen immer als unumstößlich verneint worden war.
Schon seit einigen Jahren hat sich herausgestellt, dass Jugendliche Abgänger mit einem Hauptschulabschluss nur noch schlechte Chancen auf dem Ausbildungsmarkt finden. Ob aber alleine die Abschaffung einer Hauptschule die Antwort auf dieses Problem sein wird, bleibt umstritten. Denn bildungsferne junge Menschen bleiben bildungsferne junge Menschen, auch wenn man der Hauptschule einen neuen Namen gibt oder sie in einer Mittelschule mit der Realschule zusammenführt. Die Wurzeln liegen meist viel tiefer als es über das Problem Hauptschule gelöst werden könnte.
Schon im Elternhaus werden oft nicht die ausreichenden Sprachkenntnisse vermittelt, die als Voraussetzung wichtig wären, um überhaupt einem Schulunterricht folgen zu können. Und dieses Problem betriff bisweilen Kinder mit deutscher Herkunftsfamilie genauso wie Migrantenkinder. Wenn im Elternhaus der gesprochene Satz kaum einmal über die magische Marke von drei Wörtern (und ggf. einer Einleitung im Sinne von „Ey Alder“ oder der Endung „ich schör“ oder einer Kombination aus beidem) angesetzt werden, dann wird das Kind in der Schule längeren Vorträgen vermutlich nur schwerlich folgen können.
Ebenfalls umstritten war immer schon die Studiengebühr. Im Konservativen Lager auf Länderebene eingeführt, wird sie in den nunmehr wieder häufiger anzutreffenden linken Landesregierungen wieder schrittweise beseitigt. Trotz eines vermeintlich sozialen Ausgleiches konnte die Studiengebühr hierzulande nie wirklich überzeugen: Die Gebühr sollte erst fällig werden, wenn der ehemalige Student im nunmehr guten Gehalt gesichert mit beiden Beiden fest im Berufsleben verankert sei. Ob aber ein solcher Schuldenstart ins Berufsleben mit dem frommen Wunsch solider (öffentlicher und privater) Haushalte in Einklang zu bringen gewesen wäre und in eine Zeit der Schuldenbremsen passt, mag zu bezweifeln sein.
© Melanie Jedryas / PIXELIOMan mag darüber streiten, ob der Bildungsstand der Schüler in Deutschland wirklich geringer liegt als in manchem Drittweltland, wie es die Pisa-Studie bisweilen zu berichten weiß. Die Ergebnisse der vergangenen Studien haben auch offen gelegt, dass man in Deutschland vielleicht doch etwas gewissenhafter mit der Studie umgegangen ist, als dies in anderen Ländern der Fall gewesen sein mag. So wurden hierzulande auch jene Schüler mit in die Prüfungen einbezogen, die als etwas schwieriger gelten, während man in anderen Ländern ein Auge darauf geworfen hat, dass solche Schüler nach Möglichkeit nicht in das Endergebnisse der Tests mit einfließen werden. Auch gibt es unterschiedliche Schultraditionen, die zwangsläufig zu kaum vergleichbaren Ergebnissen führen mussten. So ist es in den Vereinigten Staaten durchaus üblich, dass Schüler bei Prüfungen jedwede Unterlagen mit auf der Schubank in die eigene Arbeit einbeziehen können, während in Deutschland das gute alte auswendig gelernte Fachwissen noch eine gewisse Anerkennung genießt.